Warum muss sich das Lehrter Krankenhaus verändern?

Entwicklungen, die wir vor Ort nicht beeinflussen können, stellen das Lehrter Krankenhaus vor Herausforderungen und machen Veränderungen zwingend erforderlich. Dabei geht es um

  • Folgen von Vorschriften zur Sicherstellung einer hohen Behandlungsqualität, 
  • Anforderungen, die der medizinisch-technischen Fortschritt mit sich bringt, 
  • neuere Entwicklungen in der Notfallversorgung, 
  • die gravierenden Auswirkungen des Fachkräftemangels, 
  • finanzielle Restriktionen auf Bundes- und Landesebene, 
  • erhöhte Anforderungen an Geriatriekonzepte, 
  • die schwierige Altersstruktur der Mitarbeitenden und 
  • die zunehmenden Möglichkeiten für ambulante Behandlungen und eine erhöhte Patientenautonomie. 

Diese Entwicklungen haben schwerwiegende Folgen, mit denen wir uns ernsthaft auseinandersetzen müssen. Sie haben gravierende Folgen für das Lehrter Krankenhaus, aber auch alle anderen Krankenhäuser. Deshalb wird es zwangsläufig zu Veränderungsprozessen kommen. Das können wir nicht verhindern. Die aufwändige Blockade von Veränderungen führt deshalb nicht weiter, sondern behindert die Suche nach Lösungen.

Behandlungsqualität: Für viele Behandlungen gibt es gesetzliche Vorgaben. Es muss eine bestimmte Technik und ein bestimmtes Personal im Krankenhaus vorhanden sein. Das Krankenhaus muss eine Mindestmenge an Fällen erreichen. Sonst dürfen diese Behandlungen nicht durchgeführt werden. Dadurch kommt es zu einer Bündelung von Kompetenzen in größeren Krankenhäusern. Das Krankenhaus in Lehrte kann die Vorgaben teilweise nicht erfüllen. Entsprechende Fälle können dort nicht behandelt werden.

Medizinisch-technischer Fortschritt: Es können nicht in jedem Krankenhaus alle Geräte und Kompetenzen vorgehalten werden. Diese können in kleinen Krankenhäusern wegen zu geringer Fallzahlen nicht aufgebaut und ausgelastet werden. Dazu sind vor allem größere Krankenhäuser in der Lage. So kommt es zur Zentralisierung fortschrittlicher Technologien und Behandlungen in größeren Krankenhäusern. Dies führt zu einem Kompetenz- und Ansehensverlust in kleineren Krankenhäusern wie in Lehrte.

Notfallversorgung: Bei der Notfallversorgung wird es für die Patienten immer wichtiger, ein Krankenhaus mit dem richtigen Behandlungsspektrum anzufahren. Für Schlaganfälle braucht man eine Stroke Unit. Für schwere Herzinfarkte einen Linksherzkatheter. Kinder brauchen Kinderärzte. Schwangere eine Entbindungsstation. Lehrte hat nichts von alledem. Viele lebensbedrohliche Notfälle werden bereits heute nicht in Lehrte behandelt. Durch weitere Spezialisierung und Technisierung ist davon auszugehen, dass die Bedeutung des Lehrter Krankenhauses für die stationäre Notfallversorgung weiter sinken wird.

Fachkräftemangel: Bereits jetzt findet das KRH Lehrte nicht ausreichend Personal. Beispielsweise kann die Radiologie nicht durchgängig mit eigenem Personal betrieben werden. Es müssen regelmäßig Mitarbeitende aus anderen KRH-Standorten aushelfen. Die Radiologie ist öfters geschlossen, so dass auch die Notfallversorgung am Krankenhaus eingestellt werden muss. Für Auszubildende und Mitarbeitende sind andere Radiologien mit einem breiten Arbeitsspektrum und vielfältiger technischer Ausstattung attraktiver. Es finden sich daher zu wenige Arbeitskräfte für Lehrte. Gleiches gilt für andere Bereiche: auch hier entscheiden sich Fachkräfte für andere Arbeitgeber mit besseren Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.

Krankenhausfinanzierung: Das Land Niedersachsen bezahlt die Krankenhausneubauten. Die Investitionsmittel sind allerdings begrenzt. Bereits der ursprünglich geplante Neubau für die Geriatrie in Lehrte wurde vom Land und von den Krankenkassen abgelehnt und nicht gefördert. Hintergrund ist, dass nach Expertenschätzungen Krankenhäuser mit einer Größe von weniger als 300 Betten nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch aufgrund der Nähe zur Landeshauptstadt ist das Krankenhaus in Lehrte versorgungstechnisch nicht unbedingt erforderlich. Es besteht daher aus Sicht des Landes – unabhängig von der Zusammensetzung der Landesregierung – kein zwingender Förderbedarf. Die Weiterentwicklung eines traditionellen Krankenhauses an der Manskestraße mit Landesmitteln scheidet also aus. 

Erhöhte Anforderungen an Geriatriekonzepte: Vor einigen Jahren wurde in zahlreichen kleineren Krankenhäusern versucht, sich durch die Ausrichtung auf geriatrische Fälle auf den demografischen Wandel einzustellen. Begleitet wurde diese Entwicklung durch die Einführung von Vergütungskomponenten, die Behandlungen komplexer geriatrischer Fälle erleichtert haben. Im Laufe der Zeit hat sich allerdings herausgestellt, dass dies für geriatrische Patienten in kleineren Krankenhäusern problematisch ist: Es fehlt an ausreichendem Fachpersonal. Notwendige ergänzende Strukturen sind nicht vollständig vorhanden, denn es sollen nicht nur Mediziner, sondern auch Pflegekräfte, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen, Ernährungs- und Sozialtherapeuten eng zusammenarbeiten. Für Diagnose und Behandlung erforderliche multiprofessionelle Fachkompetenzen und Abteilungen sind nicht vorhanden. Insofern besteht mittlerweile die Überzeugung, dass es für die Behandlungsqualität besser ist, komplexe geriatrische Fälle in größeren Krankenhäusern zu behandeln. Dies hat vermutlich auch dazu beigetragen, dass das Geriatriekonzept in Lehrte nicht umgesetzt werden konnte. 

Altersstruktur: Das Lehrter Krankenhaus hat eine Altersstruktur bei den Mitarbeitenden, die in den nächsten Jahren zu Problemen führen wird: Es überwiegen ältere und erfahrene Kräfte. Das ist aktuell vorteilhaft. Es kehrt sich aber in einigen Jahren um. Dann erfolgt eine hohe Zahl von Renteneintritten. Auf dem Arbeitsmarkt wird sich kein Ersatz finden, da ein kleines Haus mit wenig fachlichen Entwicklungsmöglichkeiten als Arbeitgeber eher unattraktiv ist. Bereits heute werden einzelne Betten aufgrund von Personalmangel vorübergehend stillgelegt. Dieser Trend wird sich verstärken. Schlimmstenfalls ist der Betrieb des Hauses gefährdet.

Ambulantisierung: Die Möglichkeiten für ambulante Behandlungen werden zunehmend ausgeweitet, so dass belastende Krankenhausaufenthalte verkürzt werden können. Gleichzeitig sind weniger Ärzte bereit, in einer eigenen Praxis zu arbeiten. Es entsteht eine bedrohliche Versorgungslücke bei den niedergelassenen Ärzten – vor allem in ländlichen Regionen. Es muss also ein Strukturwandel – weg vom klassischen Krankenhaus – hin zu kleineren ambulant-pflegerisch ausgerichteten Einheiten erfolgen.

Patientenautonomie: Patienten informieren sich verstärkt über Schwerpunkte und Kompetenzen von Krankenhäusern. Insbesondere bei schweren Krankheitsbildern und komplexen Eingriffen fahren sie lieber ein paar Kilometer mehr. Dafür erhalten sie eine Behandlung, die sie qualitativ für höherwertig halten. Die Patienten stimmen also mit den Füßen ab und lassen den wohnortnahen Allgemeinversorger links liegen. 

Fazit: Das Lehrter Krankenhaus steht aus zahlreichen Gründen unter Druck. Es droht eine Abwärtsspirale bis hin zu einer Einstellung des Krankenhausbetriebs. Für diese Probleme werden Lösungen benötigt. Grundsätzlich lässt sich darauf mit zwei Strategien reagieren: 

  • Ausbau des Krankenhauses, um eine kritische Größe zu erreichen
  • Umwandlung in ein ambulantes Gesundheitszentrum.

Leider können wir nicht einfach alles lassen, wie es ist. Der Status Quo gefährdet die Gesundheitsversorgung in Lehrte. Diese Option besteht nicht. Wir brauchen Veränderungen, damit eine gute Gesundheitsversorgung vor Ort erhalten bleibt.

Deswegen wollen wir Lehrter GRÜNEN eine Stärkung der stationären Versorgung und den Ausbau des ambulanten Sektors:

  • Das Krankenhaus im Landkreis Peine hat ähnliche Probleme wie das Lehrter Krankenhaus. Zusätzlich ist die Immobilie in Peine stark sanierungsbedürftig. Eigentlich braucht man dort einen kompletten Neubau. Durch Bündelung der Kräfte ergibt sich eine große Chance: für eine verbesserte stationäre Notfallversorgung für schwere, lebensbedrohliche Fälle und für den Ausbau eines gemeinsamen Krankenhausstandorts zu einem echten Schwerpunktkrankenhaus mit vielen Fachabteilungen und entsprechender technisch-personeller Ausstattung. Diese Option liegt auf dem Tisch, wird von Experten befürwortet und muss ernsthaft geprüft werden.
  • Zusätzlich muss am bisherigen Standort eine ambulante Gesundheitseinrichtung entstehen, um die ambulante Versorgung in der Stadt Lehrte zu sichern. 
  • Die Errichtung eines medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) oder eines Regionalen Gesundheitszentrums (RGZ) muss erfolgt sein, bevor Veränderungen an der stationären Versorgung vorgenommen werden. Es darf keine Lücke in der Versorgung entstehen.

Diese drei Punkte wurden durch den gemeinsamen Änderungsantrag der Regionsfraktionen von GRÜNEN und SPD in den Beschluss der Regionsversammlung aufgenommen. Außerdem wurde ein neuer Ausschuss der Regionsversammlung beschlossen, der die Umsetzung der Beschlüsse begleiten soll. Aus diesen Gründen unterstützen wir als Lehrter GRÜNE diesen Beschluss der Regionsversammlung.